90 Jahre Musikverein Windenreute
1907 - 1997
(veröffentlicht in der Festschrift 1997)
1906 |
Als sich am 15. November 1906 acht Musiker aus Windenreute zusammentaten, um unseren Verein zu gründen, reichte das Vereinsvermögen natürlich noch nicht aus, die nötigen Instrumente und Noten zu beschaffen. Man wusste sich jedoch zu helfen, wie Vertrag und Schuldschein zeigen: Bei den Musikern Karl Birkhofer und Christian Steiger wurde ein Kredit aufgenommen, der innerhalb eines Jahres zurückgezahlt werden sollte.
|
Windenreute, den 15. November 1906 Vertrag.Die unterzeichneten Mitglieder beschlossen eine Musikkapelle hier zu gründen. Der Dirigent W. Engler von Köndringen wurde beauftragt, die nötigen Instrumente zu bestellen. Das dazu nötige Geld wird auf die Namen der Unterzeichneten geliehen. An den Instrumenten sind von jedem Mitglied 10 Mark als Abschlagszahlung zu stellen. Tritt ein Mitglied aus, so bleibt das Instrument Eigentum der Kapelle, sowie das angezahlte Geld. Auch wurde beschlossen, wer ohne Grund die Probe nicht besucht, wird einer Geldstrafe von 50 Pf. unterworfen und hat die Probe zu bezahlen. Obige Richtigkeit bescheinigt. Wird ein Mitglied von sämtlichen andern Mitgliedern wegen unrechtlichem Verhalten ausgeschlossen, so verfällt er auch wie obige Bestimmungen lauten. Karl Birkhofer, Johann Merkel, Wilhelm Steiger, Christian Hambrecht, August Bacherer, Christian Steiger, August Willaredt, Aug. Zimmermann
|
|
Windenreute, den 18. November 1906 SchuldscheinDie Instrumente der hiesigen Musikkapelle kosteten 292,50 M. Da nicht jedes der Mitglieder zahlungsfähig war, musste ein Darlehen nachgesucht werden. Die beiden mitbeteiligten Gläubiger Christian Steiger und Karl Birkhofer legten ersterer 102,50 M letzterer 120 Mark aus. Da es 7 Mitglieder sind, 10 Mark aber sofort als Abschlagszahlung bezahlt wurden, so bleiben jedem Mitglied noch 31,79 M zu zahlen übrig. Die Schuldner verpflichten sich die Summe innerhalb eines Jahres; also vom 1. November 1906 bis 1. November 1907 ratenweise zu 4% zu bezahlen. Gläubiger wie Schuldner erkennen durch ihre Namenschrift die Richtigkeit dieser Zeilen an. Karl Birkhofer, Christian Steiger August Bacherer, Christian Hambrecht, Wilhelm Steiger, Johann Merkel, August Willaredt, Aug. Zimmermann
|
|
1907 |
Am 27. Juli 1907 wurde der Verein offiziell gegründet und Karl Sichler als erster Vorstand gewählt. Der monatliche Beitrag betrug damals 20 Pfennige. Die Musiker mussten ihre Ausbildung selbst bestreiten, waren dafür aber vom Beitrag befreit. Die Instrumente, die noch Besitz der Musiker waren, wurden 1907 vom Verein gekauft. Auch dazu war ein Kredit nötig, der nun im Namen des Vereins aufgenommen wurde.
|
SchuldscheinWindenreute 20. August 1907 Der Musik Verein Windenreute leiht heute von Friedrich Kiefer den Betrag von 230 Mark sage in Worten zweihundert dreißig Mark. Er verspricht, das Kapital mit 5% Zins zu verzinsen und soll durch monatliche Beiträge gedeckt werden, das heißt, wenn in der Kasse der Betrag von Einhundert Mark vorhanden, muss es abbezahlt werden Als vorläufige Bürgen verpflichten sich. Sichler, Haag, Glaser, Fischer, Kammüller, Steiger Empfangen 20. August 1907 Sichler
|
|
Der Dirigent Wilhelm Engler aus Köndringen nahm nun die Probenarbeit in Windenreute auf. Bis dahin waren die Musiker zum Unterricht zu ihm nach Köndringen gegangen oder mit dem Rad gefahren.
|
|
1912 |
Der Verein betätigte sich zunächst musikalisch nur in Windenreute, der erste auswärtige Auftritt fand am 14. Juli 1912 beim 10jährigen Stiftungsfest des Musikvereins Teningen statt. Schon von Anfang an wurden regelmäßig verschiedene Feiern und Gartenfeste ausgerichtet. Diese fanden hauptsächlich im Gasthaus zur Linde und in verschiedenen privaten Gärten statt.
|
1914 - 1918 |
Im Weltkrieg 1914-18 hatte der Musikverein mehrere aktive und passive Mitglieder zu beklagen. Aktive Mitglieder: Wilhelm Steiger, Gustav Hunzinger Ehre ihrem Andenken.
|
1919 | Die Vereinstätigkeit ruhte in dieser Zeit, da fast alle aktiven und passiven Musiker in den Krieg ziehen mussten. Am 15. März 1919 fand die erste Generalversammlung nach dem Krieg statt. Der schon 1914 gewählte Vorstand Andreas Blum hatte die traurige Pflicht, der gefallenen und vermissten Mitglieder zu Gedenken.
|
1922 | 1922 kam Karl Sichler wieder in das Vorstandsamt, das er bis 1924 innehatte.
|
1926 | Der Kauf eines vollständigen Satzes neuer Instrumente im Jahr 1926 für 2200,- Reichsmark musste ebenfalls durch einen Kredit finanziert werden. Der erste Vorstand Karl Birkhofer ließ dazu eine Hypothek auf sein Haus eintragen. Zur Finanzierung wurde der Vereinsbeitrag auf jährlich 4 Mark festgesetzt und eine Haussammlung durchgeführt.
|
1931 | Die ersten Uniformen wurden im Jahr 1931 bei Schneidermeister Ulmrich in Emmendingen bestellt. Sie wurden bis 1957 getragen, wo wir zum Vereinsjubiläum neue Uniformen kauften.
|
VertragUnter dem heutigen Datum wurde vom Musikverein Windenreute einerseits und Herrn Ulmrich, Schneidermeister in Emmendingen, andererseits folgender Vertag abgeschlossen. Herr Ulmrich liefert an den Musikverein 21 bis 22 Uniformröcke zum Preise von 45,00 Mark unter folgenden Bedingungen.Lieferzeit bis 1. August 1931 Der Rock besteht aus dem No. 1746 vorgelegten Musterstoff mit Umschlagkragen, Schwalbennester, letztere aus gutem schwarzem Grundstoff, gelben Metalltressen und gelben Metallfransen für den Dirigenten, Fransen 6 cm lang und Achselstück nach vorgelegtem Muster, für die Musiker doppelte Achselschnur, ebenfalls nach vorgelegtem Muster, die Schwalbennester sind einzunähen. An dem Rock befinden sich zwei Reihen Knöpfe, ebenfalls Achselknopf wie vereinbartes Muster, desgleichen seitlich je eine Tasche mit Deckklappen und innen eine größere Tasche. Der Rock ist innen mit gutem Stoff auszufüttern. Herr Ulmrich haftet für guten Sitz der Röcke, desgleichen haftet derselbe auf eigene Rechnung und Gefahr für die Röcke bis zur Abgabe derselben. Der Musikverein verpflichtet sich nach Anschaffung des Stoffes denselben zu prüfen und nach Begutachtung die Auslagen an Herrn Ulmrich zu bezahlen. Der Rest ist nach Übereinkunft, oder längstens nach Übernahme der Röcke zu entrichten. Windenreute, den 27. Juni 1931 Vorstehender Vertrag durch Unterschrift beglaubigt Helmut Ulmrich
|
|
1936 |
Die Verbundenheit der Bevölkerung mit dem Musikverein zeigte sich an der großen Teilnehmerzahl bei den Vereinsaktivitäten. Zur Generalversammlung am 1. Februar 1936 waren im Gasthaus Linde 95 von 142 Mitgliedern erschienen. Zum 30jährigen Stiftungsfest im Jahr (am 17.-19. Juli) 1937 sollen etwa 3000 Festgäste gekommen sein. Bei einer Einwohnerzahl von ca. 700 ist das ein Zahlenverhältnis, das heute wohl nur schwer zu erreichen ist. Die letzten Gäste verließen das Fest am Dienstagmorgen um 10 Uhr.
|
1939 - 1945 |
Der Zweite Weltkrieg hinterließ wieder große Lücken in unserem Verein. Gefallen waren von den Aktiven: Ernst Steiger, Heinrich Fischer, Albert Willaredt An passiven Mitgliedern waren zu beklagen: vermisst wurden :Heinrich Schöchlin, Gustav Schneider, Hermann Huber Ehre ihrem Andenken.
|
1947 | Nach dem Krieg konnte der Verein mit Genehmigung des französischen Militärgouvernements wieder gegründet werden, die erste Versammlung fand am 14. September 1947 statt. Hierbei wurde als 1. Vorstand Gottlieb Mellert gewählt. 1949 wurde er von Karl Birkhofer abgelöst. Dieser hatte sich zwar anfänglich heftig gewehrt, konnte jedoch von der Versammlung überzeugt werden, das Amt anzunehmen. |
Nach 7jähriger Amtszeit übergab er die Vereinsführung an Karl Sichler, der bereits vor dem Krieg 1934-1939 Vorstand war. Beim nächsten Vorstandswechsel 1964 wurde Karl Birkhofer nochmals gewählt, bis er 1968 aus gesundheitliche Gründen zurücktrat und das Amt an Karl Blust übergab.
|
|
1957 | Das Vereinsjubiläum im Jahre 15.-17. Juni 1957 brachte für die Musiker einen großen Arbeitseinsatz und auch einen großen Erfolg. Es war gleichzeitig das erste Verbandsmusikfest des Oberbadischen Blasmusikverbandes "Breisgau" e.V. |
Das Zelt wurde in Eigenarbeit errichtet. Dazu haben wir im Wald Stangenholz gekauft, wovon jeder Musiker auf dem Hof der Zimmerei Kern eine bestimmte Anzahl Stangen schälen musste. | |
Am Sonntagnachmittag kam es zu einem großen Unwetter, das fast das Zelt fortgerissen hätte. Die Musiker holten zu Hause ihre Gummistiefel und verbrachten den Nachmittag auf dem Zeltdach, um Planen und Stangen wieder festzubinden.
|
|
1964 | Mit dem Bau der Turn- und Festhalle im Jahre 1964 gewannen die Windenreuter Vereine eine Örtlichkeit, um ihre Feierlichkeiten abzuhalten. Diese veranstalteten wir bisher vorzugsweise im Gasthaus zur Linde und verschiedenen privaten Gärten.
|
1971 | 1971 konnten wir wieder neue Uniformen beschaffen. So gut ausgerüstet erspielten wir uns beim Bundesmusikfest in Karlsruhe den ersten Rang.
|
1973 | 1973 trat Walter Kleißle das Amt des ersten Vorstandes an, das er bis 1980 innehatte.
|
Der Höhepunkt jeden Jahres ist die Windenreuter Kilbi, die immer Ende September vom Musikverein durchgeführt wird. Durch großen Einsatz aller Helfer hat sie sich inzwischen zur Haupteinnahmequelle des Vereins entwickelt. Anfänglich wurde sie in der 1964 erbauten Turnhalle und im Schulhof abgehalten.
|
|
1979 | Die Kilbi 1979 wurde nur noch in der Halle durchgeführt. Dies brachte weniger Umsatz, aber dafür auch weniger Arbeit für alle. 1980 waren wir dann aber auch wieder im Schulhof. Zur Ankurbelung des Besuchs fuhr die "Kleine Besetzung" des Vereins im Wagen durch Emmendingen, machte dort intensiv Musik und verteilte Handzettel. Die Megaphonansprachen unseres Vorstandes Hans Birkhofer zeigten ihre Wirkung und der Erfolg blieb nicht aus.
|
1980 | Am 23.10.1980 fand auf dem Windenreuter Fußballplatz ein Fußballspiel gegen die Mannschaft des Kreiskrankenhauses Emmendingen statt. Dies entwickelte sich dann zu einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Gäste, denn auf unserer Seite waren eine gerissene Achillessehne und ein gebrochener Finger zu beklagen. Zu alledem haben wir noch 1:4 verloren!
|
1981 | Als Bereicherung des Windenreuter Festlebens führten wir am 4. und 5. Juli 1981 erstmalig den Hühnerwaldhock durch. Dabei wurden wir von der Familie Armbruster, den Inhabern des Gasthauses Waldschänke, intensiv unterstützt.
|
1982 | Zum 75jährigen Jubiläum des Vereins im Jahr 1982 konnten wir für das Galakonzert die Stadtkapellen Wolfach und Oppenau gewinnen. Wolfach wurde von unserem ehemaligen Dirigenten Dieter Küstler dirigiert, der im Februar das Amt bei uns niedergelegt hatte. |
Am 28.8.82 fand in Köndringen ein Gedächtniskonzert zum hundertsten Geburtstag unseres Gründungsdirigenten Wilhelm Engler statt. Hierbei wurden viele seiner eigenen Kompositionen aufgeführt.
|
|
1984 | 1984 haben wir neue Uniformen beschafft, die vierte in unserer Vereinsgeschichte. Hierbei hätten wir fast einen eigenen Vereinsschneider gewonnen. Nachdem dieser versehentlich im Probenlokal eingeschlossen worden war, konnte er sich allerdings durch das Fenster wieder befreien.
|
1985 | Da der Umsatz in den letzten Jahren immer mehr zurückgegangen war, wurde im Jahr 1985 beschlossen, die Kilbi ganz im Schulhof und nicht mehr in der Halle durchzuführen. Hierzu waren allerdings große Vorarbeiten erforderlich, denn der Schulhof musste komplett überdacht werden. Durch einen Arbeitseinsatz, bei dem wir im Wehrle-Werk eine alte Baracke abrissen, konnten die dazu erforderlichen Balken beschafft werden. Der Erfolg gab dem neuen Konzept recht. Ein ungeahnter Besucherandrang ließ schon frühzeitig alle Speisen ausgehen, deshalb musste in Nacht- und Nebelaktionen am Wochenende für Nachschub gesorgt werden. |
In den folgenden Jahren haben wir an der Kilbi ständig gebaut und verbessert. Beinahe jedes Jahr wurde eine Improvisation durch eine dauerhafte Lösung ersetzt und eine neue Idee ausprobiert. Als größte Anschaffung kauften wir 1992 ein Blechdach, das das Problem der löcherigen Planen dauerhaft beseitigte. Diese Arbeit wurde durch ständig wachsenden Erfolg belohnt. Dafür sei unserem "Team vom Bau" recht herzlich gedankt. Ohne den großen Einsatz Einzelner wäre das sicherlich nicht möglich gewesen.
|
|
1986 | Auch musikalisch ging es mit dem Verein aufwärts. Bei zwei Wertungsspielen in Freiburg und Vollmaringen erhielten wir 1986 jeweils einen Ersten Rang mit Belobigung.
|
1987 | Der Hühnerwaldhock war 1987 glücklicherweise vollständig überdacht. Ein Dauerregen über alle Festtage hat den Aufwand gelohnt.
|
1989 | Dass wir nicht nur Musik machen und arbeiten können, zeigen zahlreiche gemeinsame Freizeitaktivitäten. So haben wir 1989 eine zweitägige Vogesenwanderung und 1990 eine Englandreise mit dem Bus durchgeführt. Der letzte Busausflug führte uns 1995 nach San Remo und Monaco.
|
1994 | Beim 900jährigen Jubiläum von Windenreute konnten wir uns 1994 durch musikalische und kulinarische Beiträge beteiligen. Ebenso war eine kleine Ausstellung zur Vereinsgeschichte zu sehen. Als Beitrag zur musikalischen Geschichte des Vereins kam unsere spontan gegründete Bauernkapelle "Die lustigen 50er" zum Einsatz, die unsere alten Stücke spielte. Ganz besonders freute uns, dass sich einige ehemalige aktive Mitglieder des Vereins bereit erklärten, hier mitzumachen und die alten Stücke wieder aufleben zu lassen.
|
Wie auf allen unseren Festen waren wir auch hier unseren ehrenamtlichen Helfern sehr zu Dank verpflichtet. Ohne sie wäre es uns nicht möglich, ein Fest über mehrere Tage erfolgreich auszurichten.
|
|
1996 | Nachdem über zehn Jahre lang von einem eigenen Geräteschuppen gesprochen wurde, konnte 1996 ein großes Problem der Kilbi gelöst werden. Bisher mussten die nötigen Baumaterialien an verschiedenen Stellen in Windenreute gelagert und jedes Jahr wieder zur Schule gebracht werden. Wir konnten im Frühjahr einen ausrangierten Lastwagenanhänger erstehen, in dem das komplette Dach, die Theke und die Podiumplatten Platz fanden. Das erspart uns künftig einige Stunden anstrengender Arbeit. |
Gern gesehene Gäste auf der Kilbi sind unsere befreundeten Vereine, mit denen uns ein reges gegenseitiges Besuchen auf den jeweiligen Festen verbindet. Stellvertretend seien hier die Musikvereine Maleck, Sexau, Kollmarsreute und Nordweil erwähnt. | |
Auch innerhalb Windenreutes gewinnen wir viel durch den Zusammenhalt unserer Vereine. Regelmäßige gemeinsame Konzerte und Veranstaltungen bereichern unser Dorfleben.
|
|
1997 | Neunzig Jahre liegen nun hinter unserem Verein, eine Zeitspanne, die der Chronist nur lückenhaft auf wenigen Seiten zusammenfassen kann. Von den vergangenen Höhen und Tiefen sind viele in Vergessenheit geraten, aber alle Krisen wurden gemeinsam bewältigt. Lassen Sie uns deshalb weiterhin im Geiste der Vereinsgründer an unseren gemeinsamen Zielen arbeiten, dem Spaß an der Musik, der durch mitmachen und durch zuhören erworben werden kann, zur Freude der Gemeinschaft und zu unserer eigenen. |
Rainer Burkhardt